Fremde Länder, teure Strafen – wie du jetzt richtig reagierst
Manuel Cran | M.Sc. Psychologie und Fachpsychologe für Verkehrspsychologie BDP
Sommerurlaub, Geschäftsreise oder ein spontaner Wochenendtrip – Du bist mit dem Auto im Ausland unterwegs und plötzlich flattert Wochen später ein Strafzettel aus Frankreich, Italien oder den Niederlanden in Deinen Briefkasten. Was jetzt? Zahlen? Ignorieren? Abwarten?
Verkehrsverstöße im Ausland sind kein Kavaliersdelikt mehr. Die Zeiten, in denen ein Strafzettel aus dem Ausland folgenlos blieb, sind vorbei. In diesem Artikel erfährst du alles, was du über Bußgelder im Ausland wissen musst – von der Rechtslage über die Verjährung bis hin zu den saftigen Strafen in den beliebtesten Nachbarländern Deutschlands.
Bußgeldbescheid aus dem Ausland: MUSST du zahlen?
EU-weite Vollstreckung – Das solltest du wissen
Innerhalb der EU sind Bußgelder aus dem Ausland längst kein rein nationales Thema mehr. Seit der Einführung des sogenannten EU-Rahmenbeschlusses zur Geldsanktionenvollstreckung dürfen Behörden in Deutschland Bußgelder aus anderen EU-Ländern eintreiben – vorausgesetzt, sie übersteigen 70 Euro inklusive Verwaltungsgebühren.
Wichtig: Diese Regelung betrifft nicht nur Parkverstöße, sondern auch Geschwindigkeitsüberschreitungen, das Telefonieren am Steuer oder das Überfahren roter Ampeln.

Rückkehr ins Auland: Bußgeld noch offen? Es wir teuer
Hast du eine offene Strafe und reist erneut in das Land ein, droht Dir bei einer Verkehrskontrolle oder Grenzüberprüfung schnell Ärger – von sofortiger Zahlung über empfindliche Geldstrafen bis hin zur möglichen Beschlagnahmung des Fahrzeugs. Besonders streng gehen hier Länder wie Dänemark, Belgien und die Schweiz vor.
Was passiert beim Ignorieren? Wann verjähren Bußgelder aus dem Ausland?
Verjährung – Kein einheitlicher Zeitraum
Die Verjährungsfristen für Bußgelder im Ausland variieren stark:
- Frankreich: in der Regel 1 Jahr
- Italien: 360 Tage
- Belgien: 1 Jahr
- Niederlande: 2 Jahre
- Schweiz: 3 Jahre
- Österreich: 1 Jahr
- Kroatien: 5 Jahre
Doch Achtung: Die Frist beginnt meist nicht mit dem Tattag, sondern erst mit Zustellung oder rechtskräftiger Festsetzung des Bußgeldes.

Geblitzt im Ausland – So gehst du vor
- Prüfe die Plausibilität: Warst du tatsächlich zum genannten Zeitpunkt dort unterwegs?
- Vergleiche die Beweislage: Gibt es Foto, Kennzeichen oder klare Beweise?
- Untersuche Absender und Kontodaten: Nur Bescheide von offiziellen Behörden sind zulässig.
- Beachte Zahlungsfristen: Bei verspäteter Zahlung können Mahngebühren und weitere Maßnahmen folgen.
Die teuersten Nachbarn: So viel kosten Verstöße im europäischen Ausland
Verkehrsverstöße sind in vielen europäischen Ländern deutlich teurer als in Deutschland – und auch strenger geregelt. Die folgenden Länder zeigen, wie tief du für ein Knöllchen oder eine Geschwindigkeitsübertretung in die Tasche greifen musst:

Niederlande: Teures Pflaster für Autofahrer
In Holland zahlst du für Falschparken mindestens 120 Euro – und das ist noch günstig im Vergleich zu anderen Verstößen. Wer mit 20 km/h zu schnell fährt, muss mit etwa 210 Euro rechnen, innerorts sogar mit 220 Euro. Besonders streng wird die Smartphone-Nutzung geahndet: 430 Euro werden hier fällig, und bei Gefährdung anderer sogar deutlich mehr.
Weitere Besonderheiten:
- Halterhaftung
- recht hohe Bußgelder (Sanktionen für Halteverbotsverstöße liegen beispielsweise zwischen 90 bis 140 EUR)
- großflächige Geschwindigkeitsüberwachung durch Radargeräte sowie Kontrollsysteme auf 12 Autobahnen wie auch auf Bundesstraßen, welche die durchschnittliche Geschwindigkeit einer längeren Strecke messen und sobald diese Durchschnittsgeschwindigkeit höher ist als erlaubt, erhält der Verkehrssünder einen Bußgeldbescheid
- Promille-Grenze liegt bei 0,5-Promille: Verstöße dagegen werden mit einem Bußgeld ab 360 EUR geahndet
- ausgeprägte Fahrradkultur: auf Radfahrer im Straßenverkehr ist besonders in den Städten zu achten
- kein Führerschein Punktesystem und kein Punktekatalog

Belgien: Zahlung oft direkt vor Ort
Belgien erlaubt es Polizeibeamten, Bußgelder direkt bei der Kontrolle zu kassieren. In 30er-Zonen kann schon eine Überschreitung von 10 km/h 50 Euro kosten. Wer mehr als 30 km/h zu schnell fährt, muss mit drastischen Strafen rechnen – bis zu 4.000 Euro sind möglich. Handy am Steuer? 115 Euro Strafe.
Weitere Besonderheiten:
- für Kfz mit mehr als 7,5 t gilt bei Regen auf Autobahnen und Schnellstraßen ein Überholverbot
- es gilt die 0,5-Promille-Grenze
- es muss eine Warnweste im Fahrzeug mitgeführt werden
- Kinder unter einer Körpergröße von 135 cm müssen in einem passenden Kindersitz befördert werden
- Lkw-Maut für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 t
- max. zulässige Höchstgeschwindigkeit in Belgien liegt bei 120 km/h

Luxemburg: Moderat, aber nicht billig
Ein vergleichsweise großzügiges Bußgeldsystem erwartet Dich in Luxemburg. Parkvergehen beginnen bei 25 Euro, 20 km/h zu schnell kosten ab 50 Euro. Bei Handyverstößen wird es jedoch deutlich teurer: Hier zahlst du ab 145 Euro.
Besonderheiten:
- keine Pkw-Maut, aber Eurovignettenpflicht für Lkw
- Warnwestenpflicht beim Verlassen des Fahrzeugs außerorts bei einer Panne oder Unfall
- Tempolimit auf Autobahnen liegt bei 130 km/h; Reduktion auf 110 km/h bei Nässe
- Promillegrenze liegt bei 0,5-Promille
- Verbot von Mischbereifung

Frankreich: Günstig starten, teuer Enden
Falschparken kann mit 15 Euro vergleichsweise billig ausfallen – zumindest in weniger touristischen Gebieten. Geschwindigkeitsüberschreitungen unter 20 km/h werden mit ab 68 Euro geahndet, darüber mit 135 Euro. Wer über 50 km/h zu schnell ist, zahlt bis zu 1.500 Euro. Für Smartphone-Verstöße werden ab 135 Euro fällig.
Besonderheiten:
- keine Abblendlichtpflicht in Frankreich
- Geschwindigkeitsverstöße sind mit hohen Bußgeldern (bis zu 1500 EUR) sanktioniert
- Navigationsgeräte mit Verkehrsüberwachungsmaßnahmen sind verboten; dabei wird nicht nur die Nutzung, sondern bereits das Mitführen solcher Geräte bestraft
- es gilt eine Mitführpflicht von einem Alkoholtester
- empfindliche Strafen für Alkohol- und Drogenfahrten

Schweiz: Präzise und streng
Obwohl kein EU-Mitglied, gilt die Schweiz als besonders streng. Seit 2024 können ihre Bußgelder auch in Deutschland vollstreckt werden. Schon bei 6 bis 10 km/h zu schnell innerorts zahlst du 128 Euro. Unerlaubtes Parken? Ebenfalls 128 Euro. Beim Telefonieren am Steuer liegt die Strafe bei ca. 105 Euro.
Besonderheiten:
- empfindliche Geldbußen schon bei geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitungen
- Einziehung und Verwertung des Fahrzeugs möglich
- spezieller „Rasertatbestand“: grundsätzlich erfüllt bei Geschwindigkeitsüberschreitungen innerorts ab 50 km/h; außerorts ab 60 km/h und auf Autobahnen ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 80 km/h
- Vignetten-/Mautpflicht
- Lichtpflicht für alle motorisierten Fahrzeuge auch am Tag
- Navigationsgeräte dürfen Sichtfeld des Fahrers nicht beeinträchtigen; es drohen Geldbußen bis zu 760 EUR

Österreich: Kein einheitlicher Katalog
Je nach Region variieren die Bußgelder in Österreich stark. Falschparken beginnt bei 20 Euro, Geschwindigkeitsverstöße ab 20 km/h kosten mindestens 30 Euro. Wer jedoch über 50 km/h zu schnell ist, kann mit bis zu 2.180 Euro Strafe rechnen. Handy am Steuer kostet mindestens 50 Euro.
Besonderheiten:
- erhebliche Geldbußen bei Alkoholfahrten
- Winterreifenpflicht in Österreich: bei Verstößen droht ein Bußgeld von 60 EUR bzw. bis zu 5000 EUR, sofern es dadurch bedingt zu einem Unfall kommt
- kein einheitlicher österreichischer Bußgeldkatalog: Sanktionen können regional und aufgrund einer Vielzahl interner Dienstanweisungen recht unterschiedlich ausfallen
- Lkw-Fahrverbote nicht nur an Sonn- und Feiertagen, sondern auch samstags und in der Nacht
- Mautpflicht in Österreich

Tschechien: Deutlich härter geworden
In Tschechien zahlst du außerorts ab 30 km/h zu schnell bereits bis zu 400 Euro, innerorts sogar noch mehr. 50 km/h Überschreitung? Das kann bis zu 1.000 Euro kosten. Smartphone am Steuer? Mehr als 100 Euro. Falschparken kostet Dich mindestens 60 Euro.
Besonderheiten:
- Absolutes Alkoholverbot = 0,0-Promille-Grenze
- ganztägige Lichtpflicht
- Autobahngebühren (Maut) für alle Pkw
- Gurtpflicht für alle Insassen des Autos
- Helmpflicht für Radfahrer unter 18 Jahren
- Warnwestenpflicht bei Unfall/Panne
- Winterreifenpflicht vom 1. November bis zum 31. März bei Schnee, Eis und Matsch vorgeschrieben (Mindestprofiltiefe bei Pkw: 4 mm, bei Lkw: 6 mm)

Polen: Relativ milde – aber nicht harmlos
Zwar sind die Strafen in Polen im europäischen Vergleich noch moderat, doch auch hier zahlst du: +20 km/h kosten etwa 70 Euro, bei +50 km/h sind es bereits über 235 Euro. Handy am Steuer? 110 Euro. Falschparken kostet ab 25 Euro.
Besonderheiten:
- Maut
- durchgehende Lichtpflicht im Straßenverkehr
- folgende Hilfs- und Rettungsgegenstände sind in Polen im Fahrzeug mitzuführen: Feuerlöscher (nur für in Polen zugelassene Kfz verpflichtend), Erste-Hilfe-Koffer, ein Warndreieck und
- eine Warnweste
- Promillegrenze von 0,2-Promille im Straßenverkehr
- Vollmacht erforderlich, sofern Sie mit einem fremden Auto unterwegs sind
- (betriebsbereite) Radarwarngeräte sind verboten und bei Zuwiderhandlung drohen hohe Strafen
- Anschnallpflicht für alle Autoinsassen

Dänemark: Teure Konsequenzen
Dänemark ist Spitzenreiter bei den Bußgeldern. Handy am Steuer kostet sofort 200 Euro, kleine Geschwindigkeitsverstöße bereits 160 Euro. Wer über 20 km/h zu schnell fährt, zahlt teils über 560 Euro. Bei hohem Tempo kann sogar eine Beschlagnahmung des Fahrzeugs erfolgen.
Besonderheiten:
- hohe Geldbußen für Parkverstöße (ab 70 EUR)
- ganzjährige und ganztägige Lichtpflicht (tagsüber und nachts)
- Geldstrafen bei Alkoholfahrten werden individuell berechnet: mtl. Nettoeinkommen wird mit der Promilleanzahl multipliziert
- ab 2,0-Promille wird das Auto konfisziert und versteigert und der Erlös fließt in die Staatskasse (kann auch Ausländer betreffen)
- Motorradfahrer, die die Helmpflicht missachten, erwartet ein Bußgeld in Höhe von 200 EUR
- keine (Pkw-)Maut; Eurovignettenpflicht nur bei schweren Lkw; zudem Brückenmaut für zwei Brücken fällig: Storebaelt-Brücke und Øresund-Brücke
Fazit
Bußgelder aus dem Ausland sind längst keine belanglosen Erinnerungen an vergangene Urlaube mehr. Sie sind rechtlich relevant, können vollstreckt werden und ziehen bei Ignoranz spürbare Konsequenzen nach sich. Wer sich mit den Regelungen auskennt, spart Nerven, Zeit und Geld. Es lohnt sich also, Verstöße ernst zu nehmen und bewusst zu handeln.
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Häufig gestellte Fragen