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Muss ich wegen Medizinalcannabis zur MPU?

Muss ich wegen Medizinalcannabis zur MPU?

Medizinalcannabis und die MPU: Was Patienten wissen müssen

Manuel Cran | M.Sc. Psychologie und Fachpsychologe für Verkehrspsychologie BDP

Cannabis als Medizin ist seit 2017 in Deutschland verschreibungsfähig und hilft vielen Menschen bei der Behandlung chronischer Schmerzen, Epilepsie, ADHS oder anderen Erkrankungen. Doch was bedeutet das für die Teilnahme am Straßenverkehr und insbesondere für eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU)? Dieser Artikel klärt auf, welchen Einfluss eine Therapie mit Medizinalcannabis auf Grenzwerte im Straßenverkehr sowie die Einordnung durch den MPU-Gutachter hat und worauf Sie achten sollten, um die MPU erfolgreich zu bestehen.

Was ist ein THC-Pass?

Ein THC-Pass ist ein Dokument, das den legalen Erwerb und Einnahme von Cannabis zu medizinischen Zwecken bescheinigt. Der Patientenausweis wird häufig in Verbindung mit Rezepten und der Therapie mit Medizinalcannabis vom jeweiligen Arzt ausgestellt. Der THC-Pass soll in Verkehrskontrollen helfen, den legalen Besitz und die legale Einnahme nachzuweisen und Missverständnisse mit den Behörden zu vermeiden.

Rechtliche Grundlagen

  • Seit März 2017 dürfen Ärzte Cannabis zu medizinischen Zwecken verschreiben.
  • § 24a StVG: Medizinischer Konsum fällt nicht unter das allgemeine Verbot von Cannabis im Straßenverkehr, wenn eine bestimmungsgemäße Einnahme vorliegt.
  • § 316 und § 315c StGB: Bei Verkehrsgefährdung greift dennoch das Strafrecht. Unabhängig von medizinischer Verschreibung oder Entkriminalisierung stellt jede Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit ein Risiko dar, das im Fall einer Gefährdung sanktioniert wird.

Teilnahme am Straßenverkehr mit Medizinalcannabis

Die Verschreibung von Medizinalcannabis erlaubt Ihnen nicht automatisch, berauscht ein Fahrzeug zu führen. Ähnlich wie bei Beruhigungs- oder Schmerzmitteln ist Ihre Fahrtüchtigkeit während der Fahrt ausschlaggebend. Eine saubere Dokumentation der ärztlichen Verordnung im Auto dabei zu haben, kann helfen, potenzielle Konflikte bei Verkehrskontrollen zu vermeiden.

Grenzwerte

  • Der allgemeine THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml im Blutserum gilt bei medizinischer Einnahme nicht.
  • Gefährdung des Straßenverkehrs: Unabhängig vom Grenzwert begehen Sie bei einer Gefährdung eine Straftat (§ 316 bzw. § 315c StGB).

Vorsichtsmaßnahmen

  • Führen Sie Ihren THC-Pass, Ihre Rezepte und idealerweise ein ärztliches Attest mit.
  • Vergewissern Sie sich vor jeder Fahrt, dass Sie sich fit fühlen und Ihre Fahrtüchtigkeit nicht beeinträchtigt ist.

Die Medizinalcannabis-MPU: So läuft sie ab

Eine MPU im Zusammenhang mit Medizinalcannabis wird individuell auf Ihre Situation abgestimmt. Der Gutachter teilt Sie auf Grundlage Ihrer Aktenlage und Aussagen in eine von drei Gruppen ein:

Gruppe 1: Erster Kontakt mit Cannabis durch ärztliche Verschreibung

Personen, die vor der medizinischen Therapie keinen Kontakt zu Cannabis hatten, werden als besonders gewissenhaft und unvoreingenommen wahrgenommen. Diese Gruppe hat beim Gutachter oft einen Vertrauensvorschuss.

Gutachter prüft:

  • Ihre Einstellung zur Therapie
  • Ihre Fähigkeit, die Einnahme und das Fahren sicher zu trennen
  • Ihre Compliance bei der Medikamenteneinnahme und -dosierung

Gruppe 2: Illegaler Konsum zur Selbstmedikation

Hatten Sie bereits vor der ärztlichen Verschreibung Cannabis konsumiert – etwa zur Selbstmedikation – wird der Gutachter genauer hinschauen. Wichtig ist, dass Ihr früherer Konsum nachvollziehbar aus krankheitsbedingten Beschwerden und nicht rein zu Rauschzwecken erfolgte.

Gutachter prüft:

  • Ihre Motive für den früheren Konsum
  • Den Übergang und die Motivation zur medizinischen Nutzung
  • Ihre Integration der Einnahme in den Alltag

Gruppe 3: Auffälligkeiten mit Cannabis in der Vergangenheit

Personen, die bereits vor der medizinischen Verschreibung aktenkundige Auffälligkeiten – sei es durch Drogen oder andere berauschende Mittel – hatten, stehen vor einer größeren Herausforderung. Der Gutachter wird verstärkt auf Glaubhaftigkeit und Hintergründe der Verschreibung achten.

Gutachter prüft:

  • Ihre Abstinenz von Beikonsum (z. B. andere Drogen, Alkohol)
  • Ihre Motive für die Einnahme von Medizinalcannabis
  • Ihre Fähigkeit, die Einnahme streng an die ärztlichen Vorgaben anzupassen

Anforderungen für ein positives Gutachten

Unabhängig von der Gruppenzugehörigkeit müssen Sie folgende Kriterien erfüllen:

1. Abstinenznachweise

Ein Nachweis über den Verzicht auf Beikonsum (z. B. Alkohol oder andere Drogen) ist in der Regel erforderlich.

  • Dauer: 3 bis 6 Monate

Methode: Urin- oder Haaranalysen durch zertifizierte Labore

2. Compliance

Die Einhaltung der vom Arzt verschriebenen Dosierung und der Applikationsart ist essenziell. Sie sollten zeigen, dass Sie Ihre Therapie ernst nehmen und keine eigenmächtigen Anpassungen vornehmen.

3. Integration in den Alltag

Der Gutachter erwartet von Ihnen klare Routinen zur Eigenüberprüfung Ihrer Fahrtüchtigkeit und die Bereitschaft, auf das Autofahren zu verzichten, wenn Zweifel bestehen. Auch sollten Sie unterstützende Maßnahmen zur Besserung Ihrer Beschwerden durchführen, um sich nicht vollständig von Medizinalcannabis abhängig zu machen.

4. Reflexion

Zeigen Sie, dass Sie sich mit Ihrer Krankheitsgeschichte und der Einnahme von Medizinalcannabis kritisch auseinandergesetzt haben. Dies beinhaltet auch die Einsicht in mögliche Risiken für den Straßenverkehr und einen Plan B zu haben.

Herausforderungen bei der MPU

Besonders in Gruppe 3 müssen Sie überzeugend darlegen, dass sich Ihre Motive und Ihr Umgang mit Cannabis grundlegend geändert haben. Widersprüche in Ihren Aussagen oder unvollständige Dokumente können eine positive MPU gefährden. Eine professionelle MPU-Vorbereitung hilft, solche Risiken zu minimieren.

Fazit

Die ärztliche Verschreibung von Medizinalcannabis ist eine Möglichkeit, um Beschwerden zu lindern und die Fahrtauglichkeit zu erhalten. Dennoch sollten Sie die Teilnahme am Straßenverkehr erst nach einer Routineprüfung Ihrer Fahrtüchtigkeit antreten, um auf der sicheren Seite zu sein. Eine gründliche Vorbereitung, eine lückenlose Dokumentation der Krankheitsgeschichte, nötige Abstinenznachweise und eine reflektierte und vorsichtige Grundeinstellung sind der Schlüssel, um den Gutachter im Fall einer MPU von Ihrer Fahreignung zu überzeugen.

Falls Sie Fragen zur MPU-Vorbereitung oder zu Ihrer individuellen Situation haben, bieten wir von ON MPU umfangreiche Informationen und eine kostenlose Erstberatung an. Manuel Cran und sein Team stehen Ihnen für ein erstes kostenloses Beratungsgespräch zur Verfügung.

FAQ

Häufig gestellte Fragen

Muss ich bei einer Medizinalcannabis-MPU Abstinenznachweise erbringen?
Ja, ein Nachweis über den Verzicht auf Beikonsum (z. B. Alkohol oder andere Drogen) ist meist erforderlich. Die Dauer beträgt in der Regel 3 bis 6 Monate.
Kann ich mit einem THC-Pass ohne MPU Auto fahren?
Sollte die Fahrerlaubnis einmal entzogen worden sein, müssen Sie Ihre Fahrtauglichkeit erst durch ein positives MPU-Gutachten belegen.
Wie unterscheidet sich eine Medizinalcannabis-MPU von einer herkömmlichen MPU?
Die Medizinalcannabis-MPU prüft die ordnungsgemäße Verschreibung, Einnahme und Integration in den Alltag im Straßenverkehr. Der Fokus liegt darauf, ob Sie die Wirkung des Medikaments und das Fahren sicher trennen können.
Was passiert, wenn ich als Patient Auto fahre und kontrolliert werde?
Bei einer Verkehrskontrolle ist es wichtig sich ausreichend ausweisen zu können. Als Patient riskieren Sie bei einer Verkehrsgefährdung aber immer eine Straftat nach § 316 oder § 315c StGB, sollten Sie eine Gefährdung im Straßenverkehr dargestellt haben.
Wie bereite ich mich am besten auf die MPU vor?
Eine professionelle MPU-Beratung durch einen Verkehrspsychologen hilft, typische Fragen zu klären, erforderliche Nachweise zu sammeln und Ihre Aussagen im Gespräch zu strukturieren.