EU fordert: Anpassung deutsches THC-Verkehrsrecht steht bevor
Manuel Cran | M.Sc. Psychologie und Fachpsychologe für Verkehrspsychologie BDP
Seit der europäischen Harmonisierung im Verkehrsrecht wächst der Druck auf Deutschland. Bisher galt ein THC-Höchstwert von 3,5 ng/ml im Blutserum (§ 24a StVG), vergleichbar mit einem Alkoholgehalt von 0,2 ‰. Dieser liegt deutlich über den Werten vieler EU-Mitgliedstaaten – und das könnte sich bald ändern.

Hintergrund – Deutschlands Rolle in Europa
Deutsche Grenzwerte im europäischen Kontext
Deutschland hat sich bewährt als Mittelweg: mit 3,5 ng/ml führt es erste liberalere Ausnahmen ein. Belgien, Dänemark, Irland und Luxemburg setzen auf 1 ng/ml, die Niederlande auf 3 ng/ml – andere Staaten wie Frankreich und Spanien akzeptieren kein THC im Straßenverkehr.
EU-Vorgaben & nationaler Anpassungsdruck
Die EU-Verkehrsrichtlinie (2011/82/EU) fordert einheitliche Standards bei Drogenkontrollen. Deutschland musste bereits Sensitivität und Rechtsklarheit nachweisen. Die bisherige Regelung wurde national festgelegt – aber europäische Gremien verlangen nun den wissenschaftlicheren Nachweis, dass 3,5 ng/ml wirklich unbedenklich sind.
Warum der EU-Druck jetzt zunimmt
Wissenschaftliche Argumente & Gesundheitsrisiken
Studien zeigen: THC-Intoxikation ist individuell, fragmentarisch. Per-se-Grenzwerte gelten in vielen EU-Ländern als nicht evidenzbasiert. Deutschland hat bislang argumentiert, dass bei unter 3,5 ng/ml keine Fahrfähigkeit beeinträchtigt ist. Doch die EU fordert belastbarere Studien .
Politische Neujustierung erwartet
2025 steht eine Reform an: Expertenkommissionen tagen, andere EU-Staaten publizieren jüngst Studien. Deutschland hat eine Evaluierung angekündigt, mögliche Senkung oder gestaffelte Bußgelder stehen im Raum.
Mögliche Szenarien der THC-Grenzwert-Reform
Szenario 1 – Absenkung auf 2 ng/ml
Das würde Deutschland näher an den EU-Durchschnitt rücken. Konsequenz: mehr Ordnungswidrigkeiten, mehr Einheitlichkeit, aber weniger Kompatibilität des Konsums von Cannabis mit einer unberauschten Teilnahme am Straßenverkehr.
Szenario 2 – Staffelung statt Einheitsgrenze
Abgestufte Höchstwerte: z. B. 1 ng/ml Fahranfänger, 2 ng/ml als Standard, 3,5 ng/ml für Ausnahmefälle mit verkehrsmedizinischem Gutachten. Das entspricht einem flexibleren Konzept, in das individuelle Verhalten einbezogen werden kann.
Szenario 3 – THC-Test mit Aussagekraft statt absoluter Grenzwert
Neuer Trend: orale Kontrolltests (Speichel, floater) kombiniert mit Leistungschecks – ähnlich wie Drogenscreenings im Arbeitsrecht. EU-Präzedenzfälle legen nahe, dass Deutschland dieses Modell prüfen wird.

Das bedeutet die Reform für MPU & Verkehrsteilnehmer:innen
Mehr rechtliche Klarheit
Eine Reform sorgt für klare, gerichtsfeste Regeln und reduziert willkürliche Bußgeldverhängungen.
Auswirkungen auf die MPU-Praxis
Niedrigere Grenzwerte erhöhen die Zahl der Betroffenen. Wer jetzt regelmäßig konsumiert, muss sehr lange warten, bevor er wieder fahren kann. Dokumentation, Abstände zur Fahrt und freiwillige Selbsttests werden wichtiger als je zuvor.
Handlungsempfehlungen für Betroffene heute
- Informieren & teilen: THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml ist aktuell gültig. Aber neue Regeln sind geplant.
- Vorsorge statt Reaktion: Beim regelmäßigen Konsum sehr vorsichtig sein und viel Pufferzeit einplanen.
- Selbstkontrolle etablieren: THC-Werte prüfen, etwa mit Speicheltest vor Fahrt.
- Eigenverantwortung zeigen: Konsum-Fahr-Abstände streng einhalten – mind. 24–48 h Pausen gelten aktuell als relativ sicher.
EU-Reform als Chance – Abschlussgedanken
Die Debatte um THC-Grenzwerte entwickelt sich weiter: Deutschland hat erstmals Mut gezeigt – durch den moderaten Grenzwert von 3,5 ng/ml. Nun gibt es Forderungen aus der EU, die Reformen wie Absenkung, Staffelung oder moderne Testverfahren realistisch machen. Für Verkehrsteilnehmer:innen heißt das: Wissen ist Macht – und Anpassung schützt vor rechtlichen Folgen.
Fazit
Die neue EU-Perspektive öffnet den Weg für eine reformierte THC-Rechtslage in Deutschland. Ob Grenzwertabsenkung, Staffelmodelle oder neuere Testverfahren – ratsam ist heute schon, Konsumverhalten zu überprüfen, dokumentieren zu lassen und sich frühzeitig auf neue Regeln vorzubereiten, um zukünftig Fahrtüchtigkeit und Fahrerlaubnis zu sichern.
Falls Sie Fragen zur MPU-Vorbereitung oder zu Ihrer individuellen Situation haben, bieten wir von ON MPU umfangreiche Informationen und eine kostenlose Erstberatung an. Manuel Cran und sein Team stehen Ihnen für ein erstes kostenloses Beratungsgespräch zur Verfügung.
FAQ
Häufig gestellte Fragen