Die Sachbearbeiter der Führerscheinstellen in Deutschland haben sehr viel Macht und im Einzelfall großen Ermessensspielraum. Trotzdem sind sie auch nur Menschen und auch sie machen Fehler … Teilweise verhängnisvoll, manchmal aber auch zugunsten des Antragstellers. In diesem Blogbeitrag erfährst du für beides konkrete Beispiele aus dem Alltag in der MPU Vorbereitung.
Es geht zwar nicht direkt um MPU Gutachten, aber auch die korrekte Arbeit der Behörden kann einen entscheidenden Einfluss auf den Ausgang deiner MPU haben. Deshalb geht es im Folgenden um Fehler der Führerscheinstelle. Beginnen wir mal mit den üblichsten Fehlern… Verwechslungen und Zahlendreher.
Zeitreisen mit Behörden
Im ersten Fall erkennt man erst bei genauem Hinsehen, was
eigentlich verkehrt ist.
Es ging um eine Auffälligkeit am 15. November, die eine Blutentnahme und schließlich den Nachweis von Cannabiskonsum zur Folge hatte. Die Anfertigung des toxikologischen Gutachtens zur Bestimmung der genauen THC-Werte hat aber knapp einen Monat gedauert. Wenn man jetzt den Zeitpunkt der Blutentnahme anschaut, merkt man, dass etwas nicht stimmen kann. Die Blutentnahme kann natürlich nicht nach Erstellung des Gutachtens stattgefunden haben und fand logischerweise eigentlich am 16. November um 0 Uhr 15 statt.
Kommasetzung für Fortgeschrittene
Aber auch ganz einfache Kommasetzung kann Probleme machen.
So wird aus einer 64er-Carbonsäure, mal ganz schnell eine
6er-Carbonsäure wie bei diesem Kunden. Von einem hohen Wert auf einen
niedrigeren zu verfälschen, ist zwar weniger problematisch, macht den Gutachter
aber trotzdem stutzig, wenn man von 2 bis 3 Konsumtagen pro Woche erzählt und dann
so niedrige Carbonsäurewerte hat. Auch hier müsste einem gewissenhaften
Gutachter natürlich auffallen, dass bei zwei Nachkommastellen irgendwas nicht richtig
sein kann.
Irgendwas mit THC halt
Bei diesem Kunden war der Irrtum aber schon problematischer.
In der Auflistung seiner Delikte im Anordnungsschreiben zur MPU ist unter
anderem eine THC Konzentration von 28 Nanogramm pro Milliliter genannt.
Wer sich ein bisschen auskennt, der weiß, dass dieser Wert
schon eher hoch ist und der letzte Konsum vor seiner Fahrt dementsprechend
nicht lange her sein konnte. Mehr speziell zu Problemen mit Angaben zum Konsum
direkt vor der Fahrt erfährst du übrigens in diesem Video:
Da hier irgendwas nicht stimmen konnte, haben wir die
Führerscheinakte des Kunden angefordert und siehe da, die THC-Konzentration war
nicht 28, sondern 2,3 Nanogramm pro Milliliter.
Der zuständige Sachbearbeiter hat einfach den Wert der Carbonsäure genommen und ihn als aktiven THC-Wert verkauft, was natürlich einen himmelweiten Unterschied bedeutet und die Glaubhaftigkeit der Aussagen unseres Kunden vor dem Gutachter infrage gestellt hätte.
„Ich wäre so gerne Gutachter“
Der eine oder andere Sachbearbeiter erklärt sich sogar direkt selbst zum medizinischen oder psychologischen Gutachter, indem er die geforderte Abstinenz für ein positives Gutachten einfach selber festlegt, was natürlich Quatsch ist. Man muss dabei wissen, dass es in der Praxis durchaus üblich ist, dass Führerscheinstellen bei der Anordnung einer MPU auch Hinweise auf die mögliche Notwendigkeit von Abstinenznachweisen geben.
Ja… sie weisen darauf hin, machen aber keine Vorgaben. Das hat dieser Sachbearbeiter etwas missverstanden.
In dem von ihm zitierten Urteil geht es auch nicht um Abstinenznachweise, sondern darum, dass Cannabis-Ersttätern die Fahrerlaubnis nicht ohne Weiteres sofort entzogen werden darf. Mehr Infos zu dieser Sonderstellung bei Drogendelikten erfährst du übrigens in diesem Video: Cannabis vs. harte Drogen
Diese Aussage eines Beamten, man bräuchte ganz sicher keine Abstinenznachweise, kann natürlich sehr schnell zu einer negativen MPU führen, weil der Gutachter, gerade bei Drogen, sehr wahrscheinlich ganz anderer Meinung ist.
Wo kein Kläger, da kein Richter
Zuletzt noch zwei überraschend positive Fälle, zumindest aus Sicht der Betroffenen. Im ersten Fall war ein Kunde mit stolzen 2,51 Promille auf dem Fahrrad unterwegs.
Er wurde zwar wegen Trunkenheit im Verkehr verurteilt, erhielt aber weder ein Fahrverbot noch wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen.
So weit, so richtig. Doch obwohl das Urteil nun an die zuständige Führerscheinstelle übermittelt wurde, wartet er bis heute auf eine MPU-Anordnung.
Mittlerweile hat er 12 Monate Abstinenznachweise zusammen, da er sich frühzeitig darum gekümmert hat, die Führerscheinstelle hat aber, aus Gründen, anscheinend kein Interesse.
Einem geschenkten Gaul …
Im zweiten Fall hat unsere Kundin zwar im Januar 2021 eine MPU Anordnung erhalten, die vorherige Neuerteilung 2011 nach ihrer ersten Auffälligkeit mit Alkohol hinterm Steuer, mitsamt des damaligen positiven Gutachten, ist jedoch im Laufe der Vorbereitung verjährt. So wollte die Führerscheinstelle auf Nachfrage am 03. Februar 2022 auf einmal doch keine MPU mehr.
Ah, 10 Jahre Verjährungsfrist! Das habe ich schon mal gehört! Ja …
„§29 StV Abs. 7 Satz 2 „Abweichend von Satz 1 darf eine Tat und die hierauf bezogene Entscheidung trotz ihrer Löschung aus dem Fahreignungsregister für die Durchführung anderer als der in Absatz 6 Satz 3 Nummer 4 genannten Verfahren zur Erteilung oder Entziehung einer Fahrerlaubnis verwendet werden, solange die Tat als Grundlage in einer noch gespeicherten Maßnahme nach § 28 Absatz 3 Nummer 5, 6 oder 8 genannt ist“
Da der Entzug der Fahrerlaubnis 2019, durch das Delikt mit 1,42, also unter 1,6 Promille, jedoch nur in Kombination mit dem ersten Delikt aus 2010 überhaupt rechtmäßig war, also damit zusammenhängt, wäre eine MPU Anordnung auf Basis dieser Eintragung über die erneute Entziehung der Fahrerlaubnis, mindestens noch bis 2034 durchsetzbar gewesen. Diese Kundin konnte also zu Recht sagen … Schwein gehabt!
Fazit
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler, das sollte jedem klar sein. Die genannten Beispiele haben aber eindrucksvoll gezeigt, dass es durchaus sinnvoll ist, mal genauer hinzuschauen, wenn Dinge in Anordnungsschreiben unstimmig erscheinen und im Zweifel keine schlafenden Hunde zu wecken.
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